Von Legoland ins Gruselschloss

Als kleinen Vorgeschmack auf die 61. Ausgabe von Lotek64, die im Dezember 2020 erscheint, präsentieren wir einen umfangreichen Test von Super Mario Lego sowie eine Review des klassischen Adventures The Curse of Rabenstein.

Super Mario Lego

Wir klempnern uns durch die Landschaft – im Blaumann und mit Bluetooth!

— von Marleen

Als ich vor sechs Jahren ausgewandert bin, musste ich meine Kindheits-Lego-Sammlung leider in Deutschland lassen. Gott sei Dank habe ich hier in Kanada aber Kumpeline Jada, die von Lego regelrecht besessen ist und eine riesige Sammlung besitzt. Und so hat sie vor Kurzem mal wieder einen Großeinkauf getätigt und einfach jedes einzelne verfügbare Super-Mario-Set auf einmal bestellt. Als sie vorschlug, wir könnten das „Unboxing“ gemeinsam angehen, konnte ich nicht Nein sagen. Wir haben uns dann einen Freitagnachmittag ausgeguckt, Masken auf, und ran an den Speck!

Die folgenden Komponenten sind erhältlich:
Starterset mit Mario (das man auf jeden Fall braucht) – 59,99 EUR
Expansion-Packs unterschiedlicher Größen – zwischen 19,99 und 99,99 EUR
Neue Hosen & Mützen für Mario – je 9,99 EUR
„Blind Bags“ mit Sammelfiguren – je 3,99 EUR  
Bestellen kann man sie hier. (Foto oben: ca. 600 EUR)

Unter anderem hatte Jada Tütchen mit Sammelfiguren bestellt, und mit denen fingen wir an. Insgesamt hatten wir neun von diesen Tütchen zum Öffnen; das waren immerhin sechs der zehn möglichen Sammelfiguren – und die sind wirklich niedlich gemacht. Jeder dieser Mario-Gegner steht auf einem Stückchen der passenden Landschaft und hat oben, hinten oder seitlich einen bunten Barcode aufgeklebt (dazu später mehr).

Weiter ging es mit dem Starterset – dem einzigen Paket, welches eine Mario-Figur beinhaltet. (Und auch die einzige Box, die komplett asymmetrisch und nicht so recht stapelbar ist.)

Mario hat es in sich. Zunächst war die Überraschung groß, denn Mario braucht zwei AAA-Batterien, die wir gerade nicht da hatten, und einen Mini-Schraubendreher für das Batteriefach braucht man auch. Also mussten wir noch mal eben vor Ladenschluss in den Drogeriemarkt und schnell Batterien und eine Pinzette kaufen. Wenn man sich das Kleingedruckte auf der Unterseite (!) der Verpackung auch nicht ganz genau durchliest…

Als wir dann fertig ausgestattet waren, gab es die nächste Überraschung – Mario erwachte, und wollte aber erstmal ein Firmware-Update. Das Ganze lässt sich mit den gängigen Smartphone-Modellen auch sehr einfach bewerkstelligen, Mario kann nämlich Bluetooth.

Überraschung Nummer drei war, dass den Boxen gar keine ausgedruckten Anleitungen mehr beiliegen. Das Ganze wird jetzt komplett auf dem Handy oder Tablet gemacht – wo man sich jeden Schritt in 3D von jeder Seite ansehen kann, was auch gar nicht so schlecht ist. So waren die einzelnen Landschaftskomponenten und Gegner dann auch schnell zusammengefummelt.

Es gab dazu dann auch noch Videos, die zeigen, wie das mit dem Spielen gedacht ist:

Mario kann nicht nur per Bluetooth mit dem Smartphone kommunizieren, sondern mit seinen Füßen auch die vormals erwähnten bunten Barcodes lesen. Mario weiß also, wenn er auf einem Gegner oder einer Fragezeichenbox steht, oder auf der Farbe blau (Wasser) oder der Farbe rot (Lava), und reagiert entsprechend mit Soundeffekten und Musik, digitaler Mimik, und, naja, seinem Gesundheitszustand.

Auch wichtig: es gibt ein Plättchen mit „Start“-Barcode und eines mit „Ende“-Barcode, die man entsprechend in seinem Parcours verbauen kann. Ab „Start“ läuft Marios interne Uhr für genau eine Minute. (Es sei denn, Mario springt auf einen Barcode, der mehr Zeit gibt – diese sind aber nur in manchen Expansion-Sets enthalten.)

Mario weiß auch, wenn er umfällt, und so stellt man sich gleich die Frage, was man denn sonst noch so alles anstellen könnte – auf den Kopf stellen? Schütteln? Es lädt jedenfalls zum Experimentieren ein!

Das Level-Design gestaltet sich recht simpel. Anstelle eines 2-D-Platformers, in dem man sich nur rechts und links bewegt und vielleicht eher in die Höhe baut, ist es hier eher so gedacht, dass sich das ganze Level zu ebener Erde befindet. Die Verbindungsstege zwischen den einzelnen Gras-, Wasser- oder Lava-Inseln sind minimalistisch gehalten. Dafür baut man dann eher nicht-lineare Level mit Verzweigungen.

Wer noch etwas Spannung hinzufügen möchte, muss sich an den Expansion-Sets bedienen.

Wir haben am gleichen Abend auch noch das Set mit Baumhaus und Piranha-Pflanze geschlachtet, eines der größeren Sets. Wir waren zwar schon einigermaßen müdegespielt, aber die Piranha-Pflanze wollte ich doch sehr gerne noch mit eigenen Augen sehen!

Was diese zusätzlichen Sets auszeichnet, sind aber nicht nur mehr Landschaftsteile und Bauanleitungen für andere Gegner, sondern mechanische Spielereien. Man hat sich Mühe gegeben, alles Mögliche zum Wippen, Drehen, Schwingen, Klappen und Katapultieren zur Verfügung zu stellen, damit den Leuten nicht ganz so schnell langweilig wird. So hat die Piranha-Pflanze (zum Beispiel) einen Teleskop-Hals und einen Trittstein, mit dem Mario ihr per Hebelwirkung ordentlich einen vors Kinn zimmern und sie so zurück in die Röhre befördern kann. Als Belohnung wird so der Barcode zum Scannen freigelegt.

Das Expansion-Set enthält leider keine zusätzlichen Start- und End-Plättchen und auch keine zweite spielbare Figur.

Es existieren zwar ein Set mit Yoshi und eines mit Toad – dies sind aber reine NPCs, also ohne den ganzen digitalen Schnickschnack. Vielleicht wird ja auch irgendwann auch ein spielbarer Luigi oder Wario veröffentlicht.

Von den Prinzessinnen Peach und Daisy fehlt bisher weit und breit jede Spur – nichtmal als NPC zum Retten, und schon gar nicht als spielbare Figur, was ja noch viel besser wäre.

Und dass es die einzige Spielfigur nur im Box-Set gibt, ist schon ein bisschen Beutelschneiderei.

Die Zehn-Euro-Päckchen mit Feuerblumen-Outfit, Katzen-Outfit und so weiter sind nämlich auch nur das: Hosen und Mützen in anderen Farben. Die Hosen stellen auch noch geringfügig andere Animationen für Mario zur Verfügung. Viel Zeit haben wir damit an dem Abend aber nicht verbracht.

Insgesamt bin ich, was Spielzeuge betrifft, ja eher digital-kritisch eingestellt. Ich finde Lego einfach super, ganz ohne Displays, Musik und Bluetooth. Ich hatte an der ganzen Sache dann aber doch viel mehr Spaß, als ich erwartet hatte. Ist schon putzig, was Lego sich da ausgedacht hat.

Der Preis der einzelnen Sets scheint angemessen. (Zumindest habe ich bei Lego für das gleiche Geld schon weniger im Paket gehabt.)

Was geht:

  • Fragezeichen benutzen (mit Zufallsbonus – Unbesiegbarkeitsstern, Pilz und so weiter)
  • Münzen sammeln (automatisch, irgendwie – die Münzen muss man sich selbst vorstellen)
  • Auf Zeit spielen

Was im Moment leider (noch?) nicht zu gehen scheint:

  • Mehrere, in Reihe schaltbare Levels mit unterschiedlichen Start- und Endplättchen.
  • Bonuslevels per grüner Röhre!
  • Und natürlich das Prinzessinnenretten (oder Prinzessin-sein)

… aber das kann ja noch kommen. Die Lego-Leute haben da bestimmt noch große Pläne. Aktuellen Informationen zufolge wird es 2021 allerdings keine neuen spielbaren Charaktere geben – und keine Prinzessinnen.

Wer wie Marleen eher am Leveldesign als am Spielen interessiert ist, der kann statt Legos auch Kühlschrankmagnete kaufen. Die gibt es entweder in der günstigeren 2D-Variante, oder für etwas mehr Taschengeld in der Luxus-3D-Ausführung. Die Soundeffekte muss man dann halt selbst beisteuern!

The Curse of Rabenstein

Im März 2020 ist ein Adventure erschienen, das aus mehreren Gründen verblüfft.

— von Georg Fuchs

Textadventures gehörten in den 80er-Jahren zu den populärsten Genres auf Heimcomputern und PCs. Sie liefen auch auf Systemen, die nicht auf die Wiedergabe von Grafik ausgerichtet waren, boten oft ein langes Spielvergnügen und wurden immer besser darin, die Eingaben der Spieler zu deuten. Während das US-Softwarehaus Infocom auf Purismus setzte und den Kauf seiner Titel mit fantasievollem Zubehör versüßte, spendierten die meisten anderen Firmen, die auf dieses Genre spezialisiert waren, ihren Abenteuern Illustrationen. Das half oft bei der Orientierung im Spiel und bot eine zusätzliche Motivation, selbst wenn es sich um einfache Grafiken handelte. Manche Softwarefirmen boten optische Meisterwerke auf, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die englischen Studios Level 9 Computing und Magnetic Scrolls leisteten auf diesem Gebiet Herausragendes.

Die kommerzielle Ära dieser Spiele endete, als Point-&-Click-Adventures ihren Siegeszug antraten. Text/Grafik-Adventures sind heute selten gesehene Ausnahmeerscheinungen, und wenn plötzlich eines auftaucht, bei dem Genre-Fans mit etwas weiter zurückreichendem Gedächtnis sofort Magnetic Scrolls in den Sinn kommt, dann sind Vorfreude und Begeisterung durchaus angebracht.

The Curse of Rabenstein, das im April am Radar auftauchte, überrascht aber nicht nur durch seine klassische Aufmachung. Das von Stefan Vogt – ihm verdanken wir auch das hochgelobte Textadventure Hibernated (2018) – programmierte Spiel läuft nicht nur auf dem guten alten C64, sondern auf einer Reihe klassischer Systeme: Neben der C64-Fassung gibt es eine Version für den Plus/4, eine für den Sinclair ZX Spectrum, eine für den Schneider CPC, MS-DOS, Atari ST und Amiga. Wer keines dieser Geräte sein Eigen nennt und sich nicht mit Emulatoren beschäftigen möchte, kann auch auf eine Fassung zurückgreifen, die in jedem Browser mit Javascript läuft.

Abb. 1: Browser-Version des Spiels

The Curse of Rabenstein erinnert optisch tatsächlich stark an die klassischen Titel von Magnetic Scrolls. Der obere Teil des Bildschirms wird von stimmungsvollen Bildern eingenommen, der untere Bereich gehört dem Text. Wie man aus dem Namen schließen kann, ist das Spiel in englischer Sprache gehalten, spielt aber in Deutschland – genauer gesagt im Schwarzwald, und das in einer Zeit, in der man noch mit Pferdekutschen reiste.

Abb. 2: The Curse of Rabenstein auf dem Amiga 500

Über die Handlung wird vor Spielbeginn nichts verraten, man wird ins Geschehen gestoßen und muss sich dann orientieren. Das ist Teil des Spielerlebnisses, deshalb wird an dieser Stelle auch nicht mehr verraten – außer dass es ein düsteres Spiel mit düsteren Bildern ist, die meisterhaft in Szene gesetzt wurden, besonders auf den 8-Bit-Computern. Mir persönlich haben von den angespielten Versionen – Browser, C64, Plus/4, Amiga – die Bilder der Commodore-Plus/4-Fassung am besten gefallen, der TED-Chip lässt mit seiner größeren Farbpalette in diesem Fall nicht nur den C64 hinter sich, sondern auch die jüngeren Computer.

Abb. 3: Die C64-Fassung geizt naturgemäß mit Farben

Anders als die Spiele von Magnetic Scrolls ist der Parser nicht immer sehr entgegenkommend. Er hört auf Zwei-Wort-Sätze und ist oft wählerisch, die richtige Idee führt nicht immer sofort zum Erfolg. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn der größte Stressfaktor klassischer Adventures fällt weg: Obwohl The Curse of Rabenstein ein Horror-Adventure ist, kann man in diesem Spiel nicht sterben. Das macht es auch überflüssig, ständig Spielstände zu sichern, was besonders auf 8-Bit-Systemen viel Zeit in Anspruch nimmt.

Abb. 4: Am besten kommen die Bilder auf dem TED-Chip des Plus/4 zur Geltung.

Auch wenn das Spiel nicht allzu groß dimensioniert ist, sollte man nicht damit rechnen, es schnell durchspielen zu können. Die Rätsel sind, soweit das im Test zu beurteilen war, lösbar, aber nicht ohne Mühe. Sackgassen, das verspricht der Autor, gibt es keine.

The Curse of Rabenstein gibt es für alle genannten Systeme in einer schön aufgemachten Box. Wer sich mit einer rein digitalen Version begnügt, darf das Spiel auf der unten genannten Webseite kostenlos herunterladen oder einen Preis nach eigenem Ermessen festlegen.

Links

Seite des Spiels

https://8bitgames.itch.io/rabenstein

Puddle Software

http://puddlesoft.net

Collector’s Edition:

https://www.polyplay.xyz/navi.php?qs=Rabenstein