C64-Modul Mono

Im August 2018 ist mit „mono“ ein neues Shoot’em-Up für den Commodore 64 erschienen. Entwickelt wurde es seit Dezember 2017 von den Schweizern Raphael Graf (geb. 1976) und Clay Spoerri (geb. 1981). Die Kunststoffverpackung enthält ein schwarzes Modul, eine Seriennummer, eine gefaltete Anleitung, einen Aufkleber und einen Ansteck-Pin. Cartridge und Anstecker sind dabei exklusiv mit dem „mono“-Schriftzug gestaltet und wirken neben dem silbernen Cover sehr edel.

von Simon Quernhorst

Das Spiel erscheint interessanterweise ausschließlich als Modul und ist nur auf PAL-Versionen des C64 und C128 lauffähig. Es umfasst 16 kB (entspricht ca. 64 Blocks) und kann sowohl mit dem Joystick als auch den WASD-Tasten und der Leertaste gespielt werden. Aufgrund der Joysticksteuerung ist das Spiel auch für C64GS geeignet – nur die Endsequenz kann man mangels RUN/STOP-Taste auf der Konsole nicht mehr verlassen. Die RESTORE-Taste sollte man übrigens besser nicht berühren, denn diese führt zum Absturz des Spiels.

Nach einem minimalistische Titelbildschirm gelangt man sofort in den ersten der insgesamt sechs vertikal scrollenden Level. Die titelgebende Raumschiffpilotin kann „P“-Symbole einsammeln und damit die Schüsse des Raumschiffs in insgesamt vier Stärken ausbauen und natürlich dürfen auch die obligatorischen Bosskämpfe am Levelende nicht fehlen – z.B. in Level 4 in Form eines aggressiven MOS6510-Prozessors, der mit Nullen und Einsen um sich schießt. Begleitet wird das Spiel dabei von einem eigenen Soundtrack aus acht Musikstücken.

 

 

 

 

Als Besonderheit wird der gesamte Spielbildschirm unablässig gescrollt und deshalb werden die Punkte am linken Bildschirmrand in Form einer fortlaufenden Rechnung mitgezählt. Weitere Anzeigen gibt es nicht, denn die Punkteanzeige dient gleichzeitig als Energiekonto: bei jedem Abschuss bekommt man Punkte hinzu und bei jeder Kollision werden Punkte abgezogen – außerdem wird die Waffenstärke dann wieder um eine Stufe reduziert. Sobald die Punkte unter null fallen ist das Spiel vorbei. Auch die GameOver- und Level-Meldungen werden dabei einfach im Bildschirm mitgescrollt. Pilotin Mono kann ihr Raumschiff in alle vier Richtungen aus dem Bildschirm heraussteuern und erscheint dann sofort wieder am jeweils gegenüberliegenden Bildschirmrand. Auf diese Weise lassen sich viele Gegner und deren Geschosse überlisten. Da alle Gegner von oben angreifen, ist die vertikale Bewegungsfreiheit jedoch weniger nützlich als die horizontale.

Die ersten fünf Level sind flott durchgespielt. Der sechste Level bietet jedoch eine zusätzliche Schwierigkeit, weil die Pfeile der Hintergrundgrafik das Raumschiff horizontal ablenken. Deshalb ist der letzte Level viel härter als die vorherigen Stufen und man muss die ersten fünf Stages nutzen, um sich ein ordentliches Punkte-/Energie-Konto für den finalen Level und den Endgegner zuzulegen. In der abschließenden Endsequenz wird dann die finale Punktzahl angezeigt, eine Hi-Score-Liste gibt es leider nicht. Trotzdem macht das Spiel immer wieder Spaß, wenn man versucht, seine eigene Punktzahl zu verbessern.

Die optische Präsentation ist – vermutlich aufgrund der Kapazität des Moduls – etwas schlicht geraten, die einzelnen Elemente wiederholen sich oft und präsentieren eine mechanische Abstraktion in Form von Wellen, Blasen, Leiterbahnen, isometrischen Kisten oder Pyramiden. Diese Darstellung passt jedoch sehr gut zu den enthaltenen SID-Stücken und dem Gameplay und bildet so ein gelungenes Retro-Gesamtwerk. Als Modulfan finde ich die exklusive Veröffentlichung auf diesem Medium natürlich klasse, für viele Zocker wäre allerdings eine parallele Veröffentlichung als Datei praktischer gewesen. Die erste Produktionsauflage von 100 Modulen wurde innerhalb einiger Wochen verkauft, weitere Exemplare werden nach Bedarf produziert.

 

 

 

Bezogen werden kann das Spiel für 39,90 Euro (inkl. Versandkosten) über die Website.

 

Sam’s Journey: Ein C64-Glücksmoment

Der C64 wurde in seinen besten Tagen mit so vielen Veröffentlichungen bedacht, dass selbst mit sehr viel Freizeit ausgestattete Spieler kaum den Überblick bewahren konnten. Die Qualität der Spiele variierte, so wie auf jeder anderen Plattform. Es steht aber außer Frage, dass eine große Zahl wirklicher Spieleklassiker exklusiv oder zuerst für den Brotkasten entwickelt wurde. Seinem Ruf als Spielecomputer wurde der C64 in all den Jahren seiner kommerziellen Existenz gerecht. Doch auch nach dem Ende der Unterstützung namhafter Softwarefirmen erblickten immer wieder Spiele das Licht der Welt, die die Userbasis in Erstaunen versetzten.

Ultima VI war die letzte große US-Veröffentlichung, das bemerkenswerte und meisterhaft umgesetzte Spiel erschien 1990 auf stolzen sechs Disketten. 2001 erschien nach zehn Jahren Entwicklungszeit Newcomer, ein Rollenspiel auf nicht weniger als 14 Diskettenseiten. Actionlastiger war der Platformer Mayhem in Monsterland, 1993 in Großbritannien von John und Steve Rowlands unter dem Namen „Apex Computer Productions“ veröffentlicht, er war die Antwort der C64-Welt auf Super Mario Bros. und Sonic the Hedgehog. Das Spiel wurde begeistert aufgenommen und erhielt von der Presse Bewertungen von bis zu 100 %. Viele betrachteten es als die letzte herausragende Spieleveröffentlichung für den C64.

Die Produktion von Spielen für den C64 kam nie zum Erliegen. Zwar schwankt die Qualität der zahlreichen jährlich veröffentlichten Spiele beträchtlich, das war aber auch nicht anders, als der C64 die Spielewelt dominierte. Was lange Zeit fehlte, waren herausragende Titel, wie sie auch schon in den 80er-Jahren mit beträchtlichem Aufwand produziert worden waren. Mangels kommerzieller Perspektiven entstanden fast alle der besten Spiele der vergangenen Jahre als reine Hobbyprojekte, und selbst ein Spiel, das sich für C64-Verhältnisse gut verkauft, kann kaum einen Erlös erzielen, der die Entwicklungszeit und all die anderen damit verbundenen Aufgaben auch nur annähernd widerspiegelt.

Ein großer Wurf

Umso überraschender, dass kurz vor Ende des Jahres 2017 ein Spiel auf die C64-Welt losgelassen wurde, das nicht nur nach den wohlwollenden Maßstäben der Retro-Fans einen großen Wurf darstellt, sondern das in jeder Hinsicht überzeugen kann, wie es die besten Titel in der besten Zeit des C64 getan haben. Das war stets dann der Fall, wenn es wieder einmal gelungen ist, noch schönere Grafiken und Animationen, noch schnelleres Scrolling, noch mehr Sprites auf den Bildschirm zu zaubern, als man vorher für möglich gehalten hätte. Sam’s Journey schafft dieses Kunststück ungefähr ein Vierteljahrhundert, nachdem der letzte C64 die Produktionshalle verlassen hat.

Hinter dem Spiel stecken die wohlbekannten Knights of Bytes rund um Gründer Chester Kollschen, die andere bekannte Titel aus der jüngeren C64-Geschichte verwirklichten: Ice Guys (1997), Bomb Mania (1997) und den SuperCPU-Shooter Metal Dust (2005). An Sam’s Journey waren außer Stefan Gutsch (Grafik, Leveldesign) und Alex Ney (Soundtrack) viele weitere bekannte Namen aus der deutschen C64-Szene beteiligt, deren Zusammenarbeit wir eines der schönsten C64-Spiele aller Zeiten verdanken.

Sogar das „beste C64-Spiel aller Zeiten“ wurde Sam’s Journey genannt. Ob das stimmt, liegt natürlich im Auge des Betrachters, aber unter den Spielen, die für den Commodore 64 veröffentlicht wurden – häufig zitierte Schätzungen liegen zwischen 10.000 und 25.000 Titeln – thront es zweifellos ganz am Gipfel, wo die Luft dünn ist und nur wenige große Titel nebeneinander stehen können.

Action ohne Frust

Wie viele andere herausragende C64-Titel ist Sam’s Journey auch in technischer und kreativer Hinsicht eine große Leistung. Zwar kann man sich Grafik und Sound auch in einem Ende der 80er-Jahre erschienenen Spiel vorstellen, doch was Sam’s Journey von den vielen Weltklasse-Platformern abhebt, die es für den Commodore 64 gibt, ist die Implementierung von Gameplay-Elementen, die damals noch unbekannt oder zumindest unüblich waren. Dazu zählen Anleihen aus bekannten Konsolenspielen aus dem Hause Nintendo, durch die Sam’s Journey nie frustrierend oder unübersichtlich wird.

Am Beginn des Spiels findet sich Sam auf einer großen Insel – die Hintergrundgeschichte dazu wird im Spiel gezeigt. Eine hübsch gezeichnete Karte verschafft uns einen Überblick, sie liegt dem Spiel auch in gedruckter Form bei. Schnell wird deutlich, dass es sich um ein großes Spiel handelt, denn die Levels, die auf der Karte zu sehen sind, sind groß und zahlreich. Auf den Bildschirm passt nur ein Drittel der gesamten Karte, die drei Abschnitte zeigen die Lowlands, die Midlands und die Highlands. Insgesamt gibt es 30 Levels, und jedes davon ist ein kleines Universum für sich, mit wunderschön scrollenden Hintergründen und hervorragend animierten Gegnern.

Sam ist ein klassisches Jump ‚n‘ Run-Spiel, in dem man auf viele bekannte Elemente stößt: Sprungpassagen, Trampoline, bewegliche Plattformen, Schalter, Türen, Kanonen, Eulen und Wespen, Münzen und Edelsteine.

Der siebenfache Sam

Sam kann laufen, springen, Gegenstände aufnehmen, klettern, schwimmen und sich verwandeln, ohne je auf die Tastatur zurückgreifen zu müssen. Was bei vielen Konsolenspielen zu abenteuerlichen Fingerverrenkungen führen würde, wird in gewohnter C64-Manier am Joystick mit einem einzigen Feuerknopf ausgeführt.

Während sich Sam durch die Levels tastet, findet er immer wieder Kostüme in unterschiedlichen Farben. Diese Kostüme verleihen ihm besondere Fähigkeiten und Outfits. Ninja Sam kann Schächte und Wände hochklettern, Pirate Sam hat einen Säbel, mit dem er Feinde attackieren oder abwehren kann, Pitcher Sam kann Felsblöcke und Kisten weit und gezielt schleudern und außerdem auf Eis gehen, ohne zu rutschen. Disco Sam kann mit Hilfe seiner Hüftdrehung weiter und höher springen, Space Sam hat ein Jetpack, mit dem er Doppelsprünge ausführen kann. Zu guter Letzt gibt es noch Vampire Sam, der sich in eine Fledermaus verwandeln und kurze Strecken fliegen kann.

Ständige Neustarts nach dem Verlust der Leben bleiben dem Spieler erspart, da Sam nicht nur über Checkpoints verfügt, an denen das Spiel nach dem Verlust eines Lebens fortgesetzt werden kann, sondern auch die Möglichkeit bietet, Spielstände zu speichern. Die getestete Modul-Version ist so schnell, dass die Ladezeiten kaum auffallen.

Daneben gibt es übersichtliche Statistiken über noch einzusammelnde Gegenstände, einen abwechslungsreichen Soundtrack, großartig und anspruchsvoll gestaltete Levels, extraweiches Scrolling, geheime Passagen und unzählige andere Dinge, von denen man zwar viele schon irgendwann, irgendwo gesehen hat, aber nicht auf dem C64, zumindest nicht alle auf einmal! Ein besonderes Lob verdient die Idee, Sam mittels Verkleidungen neue Fähigkeiten zu spendieren. Das ist nicht nur ein origineller und für C64-Verhältnisse äußerst aufwendig umgesetzter Gag (immerhin gibt es insgesamt sieben Varianten von Sam), sondern verleiht dem Spiel genre-untypische taktische Variationen, da durch die unterschiedlichen Fähigkeiten oft mehrere Lösungsansätze möglich sind. Kollidiert ein verkleideter Sam mit einem Gegner, geht nur die Kostümierung (und somit die Spezialfähigkeit) verloren, das Leben bleibt jedoch erhalten.

Schatzkiste

Die professionell gestaltete Box enthält, je nachdem, für welche Version man sich entschieden hat, neben den beiden Disketten bzw. dem Modul eine gut gemachte englischsprachige Anleitung, Karten mit Sam in all seinen Inkarnationen, eine Überblicks-Weltkarte und eine Schatzkiste. Darin sind blaue „Edelsteine“ enthalten, wie sie auch im Spiel eingesammelt werden müssen.

Ende März 2018 waren bereits nicht weniger als 1250 Exemplare des Spiels verkauft. Für ein C64-Spiel ein atemberaubender Erfolg. Bleibt zu hoffen, dass weitere Spiele dieser Qualität folgen. Damit wir wieder träumen dürfen, welch ungeahntes Potenzial noch in unseren guten alten Commodore-Rechnern steckt.

Sam’s Journey ist das C64-Spiel, auf das ich ewig gewartet habe. Es nützt die technischen Möglichkeiten des 8-Bit-Computers auf erstaunliche Weise aus, beschränkt sich aber nie auf technische Prahlereien, sondern legt den Schwerpunkt auf gutes Gameplay und frustfreie Unterhaltung, ohne es dem Spieler zu leicht zu machen. Das macht das Spiel der Knights of Bytes zu einem Meilenstein in der langen Geschichte des C64. Hoffentlich nicht zum letzten. (Georg Fuchs)

Webseite der Knights of Bytes

Sam’s Journey kaufen

Die Diskettenfassung gibt es ab 45 Euro, das Modul ab 55 Euro, je nach Ausstattung. Gegen Aufpreis kann man Poster und Soundtrack-CD erwerben. Das Image für Emulatoren gibt es zu jeder erworbenen Version als Download. Von Sam’s Journey existiert auch eine spanische Version.

 

So lange du Teletext empfangen kannst, genieße es!

Der folgende Text ist eine Kurzfassung. Die vollständige Version des Interviews erscheint im Sommer 2017 in der 55. Ausgabe von Lotek64.

Teletext war in der Ära der Heimcomputer ein neuartiges und interessantes Medium. Mittlerweile führt es in den deutschsprachigen Ländern ein Nischendasein, während das Angebot in anderen Ländern bereits völlig verschwunden ist. In den letzten Jahren wurde Teletext auch als Plattform für Pixelkunst und Betätigungsfeld für interessante Hacks entdeckt. Lotek64 hat mit drei britischen Teletext-Aktivisten über ihre vielfältige Arbeit gesprochen.


Das Interview führte Georg Fuchs. Übersetzung: Arndt Dettke. Bilder: Dan Farrimond. Danke an Carl Attrill für die Unterstützung!

Dan Farrimond ist ein Multimediakünstler aus Großbritannien. Im Jahr 1998 stellte er auf einer Flugreise erstmals fest, dass England nicht aus klotzigen Pixeln besteht, wie man sie auf der Teletext-Wetterkarte sah. Witzigerweise hatte er diese Ferienreise auf Teletext gebucht. Aus dem Versuch heraus, das offenbar Falsche nun richtigzustellen, wandte er sich daher einem neuen (oder sollte man besser sagen: alten?) Genre zu – der analogen Teletextkunst. Bis zum heutigen Tage sucht er nach dem perfekten würfelförmigen Stein, um daraus ein klotziges UK zusammenzubauen. Im September 2016 war er auch bei der ARD Teletext-Künstler.

Peter Kwan ist der Autor von wxTED, einem Teletext-Editor, und von TEEFAX, dem weltweit allerneuesten Teletext-Dienst, auf den man mit einem normalen Fernseher und einem Raspberry Pi zugreifen kann. Er arbeitet im Bereich Visual Effects und Computergrafik – u.a. auch für die Teletextsysteme von ITV und BBC.

Jason Robertson bezeichnet sich als digitalen Archäologen. Er bewahrt alte Teletextseiten vor dem Vergessen, indem er sie von Betamax-Bändern herunterzieht, sie regeneriert und für sich archiviert. @grim_fandango

 

Lotek64: Teletext ist eine Erfindung aus dem England der 1970er Jahre, das in den nachfolgenden Jahrzehnten die Nutzung des Fernsehers revolutioniert hat. In vielen Ländern ist es noch in Gebrauch, seit 2012 aber nicht mehr in England, dort ist das Medium tot. Neue und nie gesehene Sachen auf (sehr) alten Computern zu machen, scheint für sie eine besondere Aufgabe zu sein. Was ist die Antriebsfeder hinter eurer Pionierarbeit im Teletext-Bereich?

Peter Kwan: Ich war zwischen 1999 und dem Ende des analogen Fernsehens bei einem Zubehörhersteller beschäftigt. Wir verkauften Unmengen an die Netzwerke und Entwicklungslabore. Hauptkunde war die BBC. Sie kamen oft mit ziemlich ungewöhnlichen Ideen und daher entwickelten wir das Teletext-Kit erst nach und nach. Das Gute war, dass die Eierköpfe bei der BBC einen direkten Draht zu uns hatten und immer, wenn sie sich einen neuen Knaller ausgedacht hatten, konnten wir das mal eben für sie zusammenbauen. Das hörte auf, als Siemens die BCC-Technologiesparte übernahm und die BBC zerteilt wurde. Statt dass nun eine Person 50 Teile hiervon orderte, bestellten jetzt fünf Abteilungen je 10. So kleine Mengen speziell für einen Kunden lohnten sich nicht mehr, das war das Ende dieses Geschäfts.

Dan Farrimond: Zu meiner Zeit war Teletext ziemlich textlastig, da habe mich über fast jeden Anflug von Kunst in den öffentlich-rechtlichen Sendern gefreut. Schon damals hatte ich instinktiv erfasst, was für ein großes gestalterisches Können hinter den Teletext-Seiten stecken konnte – ich glaube, diese Einsicht bekam ich dadurch, dass es relativ wenig Grafikmodus-Kunst gab.

Zum Glück existiert aber eine gesunde Textmodus-Kunstszene in Skandinavien. In Helsinki startete 2012 die dortige Kunst-Kooperative FixC das äußerst erfolgreiche International Teletext Art Festival. Zu der Zeit suchte ich gerade nach einem Format, mit dem ich arbeiten konnte, da reaktivierte das ITAF meine Liebe zu Teletext. Es war einfach herrlich zu hören, dass die Menschen Teletext immer noch liebten, ja geradezu forderten – Hunderte, wenn nicht Tausende, waren total begeistert von diesem totgesagten Format – und da schalten diese Spielverderber Ceefax einfach völlig unbegründet ab.

 

Lotek64: Würdet ihr Teletext lieber auf sein Originalmedium, den Fernseher, zurückgebracht sehen oder gibt es heute dafür ein angemessenes Nachleben als Kunstform?

Jason Robertson: Teletext ist von seinem Nachfolger, dem Internet, weitgehend abgelöst worden, es wird also nach und nach wegsterben, im gleichen Takt wie die Wartungsverträge mit der Zeit auslaufen. Nichtsdestoweniger kann es völlig kostengünstig betrieben werden: Wenn ein engagierter Bastler seinen eigenen Teletextservice auf einem Raspberry Pi installiert bekäme, könnte ein Sender ganz sicher was damit anfangen.

Peter Kwan: Es ist ganz klar ein Medium, das von vielen besseren Technologien überflüssig gemacht wurde. Seine ursprüngliche Rolle ist verloren gegangen. Den größten Einfluss sehe ich im Künstlerischen, man brauchte wirklich Können, wenn man mit den enggezogenen Beschränkungen der Teletext-Oberfläche klarkommen wollte.

Dan Farrimond: Meiner Meinung nach gehört der Teletext nach Hause auf den Fernsehbildschirm. Ich bin gerade dabei, eine Teletext-Ausstellung („Teletexthibition“) zu organisieren und stelle mir vor, dass die Seiten auf diesen alten, klobigen Röhrenfernsehern präsentiert werden. Wenn es nur auf Papier gezeigt würde, wäre die ganze Interaktivität verloren, ganz zu schweigen vom fehlenden sanften Brummen der Kathodenröhren.

Genau wie ANSI- und Pixel-Kunst – letztere mit einer riesigen Mainstream-Erfolgsbilanz – wird die Teletext-Kunst cool bleiben, solange sie nur eine neue Plattform findet. Solange es eine Gemeinschaft gibt, die Teletext-Editoren nach Internet 2.0, 3.0 und 17.0 portiert, solange wird sie als Kunstform, Brunstform oder wie auch immer weiter existieren. Wir müssen nur dafür sorgen, dass Hollywood einen Film über Teletext macht!

 

Lotek64: Als der österreichische öffentlich-rechtliche Sender in den 1990ern damit anfing, auf allen Kanälen 24 Stunden Programm zu bringen, wurden die Testbilder abgeschafft. Die Reaktion der Zuschauer war unerwartet. Eine riesige Zahl von Fans (die aber vielleicht nicht alle wirklich ernsthaft hinter der Sache standen) forderte, dass die Testbilder wieder eingeführt würden. Ihr Aufwand war nutzlos. Wie denkt ihr darüber, sollten Testbilder wieder eingeführt werden?

Jason Robertson: Ich liebe Testbilder! Nur, die neuen Fernseher brauchen alle keine Justierung mehr. Allerdings gab es (im letzten oder vorletzten Jahr) einen kurzen Beitrag in einer nächtlichen Vorschausendung, in dem ein Testbild gezeigt wurde. Damit konnten die Zuschauer ihr Audio mit Video synchronisieren. Es wurde eine HD-Version von Testbild F verwendet.

Peter Kwan: Die einzigen, die mit einem Testbild etwas anfangen konnten, waren die Fernsehtechniker. Es handelte sich um ein Signal außerhalb der Sendezeiten, sodass die Antennenjustierungen am Tage von einem Techniker vorgenommen werden konnten. Der einzige Grund, sie wieder zu bringen, ist Nostalgie. Ich schaute mir das BBC-Testbild C in den 1960ern an. Die vier diagonalen Frequenzblöcke erinnerten mich so nett an Eiswaffeln.

Dan Farrimond: Testbilder sollten sozusagen die sein, die zuletzt lachen, weil Kunst das Trash-Fernsehen überleben wird. Mit ihnen wird die Zombie-Apokalypse verhindert, wir werden Testbilder für immer und ewig in unserer immer weiter zusammengeschalteten Welt aufbewahren.

 

Lotek64: Der nächste Verwandte zu Teletext-Kunst scheint ASCII-Kunst zu sein. Habt ihr mal darüber nachgedacht, diese beiden zu verknüpfen?

Peter Kwan: Ich bin kein Künstler, sowas sollten Künstler machen. Ich erinnere mich an ein ganz frühes Beispiel in Mort’s ASCII Art (kann man im Netz finden), wo einige grafische Elemente, z.B. Autoräder, durch Text repräsentiert wurden.

Jason Robertson: Ich bin ein C64-Mann, da liebe ich natürlich PETSCII und sowas! Es gibt auch einige ganz fantastische Beispiel für ASCII-Art aus Mailboxen. Aber deren technische Formate sind alle unterschiedlich, selbst wenn sie unter der Oberfläche alle zeichenbasiert sind.

Dan Farrimond: Überraschenderweise habe ich im Teletext nur ganz wenig mit ASCII-Art gemacht. Mein erster echter Versuch war, glaube ich, ein Weihnachtsbaum für den ARD-Text-Adventskalender von 2016. War wirklich eine spaßige Aktion, daher werde ich in Zukunft sicher mehr davon produzieren… vielleicht sogar für ein dediziertes Teletext-ASCII-Projekt.

 

 

Lotek64: Wie habt ihr rausgekriegt, wie man Teletextseiten herstellt? Könnt ihr uns einen Einblick in euren kreativen Prozess beim Herstellen von Teletextseiten geben?

Jason Robertson: Indem ich die technischen Spezifikationen durchgelesen habe. Es gibt zwei verschiedene: Die Original-Spezifikationen von 1976, die sind leicht zu verstehen, aber manchmal etwas ungenau, und die späteren Spezifikationen der European Broadcasting Union, die etwas mehr in die Tiefe gehen.

Dan Farrimond: Durch Experimentieren! Zuerst lernte ich 2006 den Cebra Text Teletext-Editor kennen und verbrachte ein paar Wochen damit, seine vielen Features zu erkunden. Wir sprechen hier ja von einer Technologie aus dem Jahr 1970, da gab es also nicht viel Technisches herauszufinden… aber das Erstellen einer ästhetisch ansprechenden Teletext-Seite zu erlernen, das kann das ganze Leben dauern!

 

Lotek64: Eine faszinierende Eigenschaft von Teletext ist, dass man es aus alten VHS-Aufnahmen heraus wiedererzeugen kann. Warum geht das, und wie kann man Teletext aus beliebigen TV-Aufzeichnungen heraus rekonstruieren? Wie viele Minuten Aufzeichnung braucht man für einen kompletten Teletext-Dump?

Jason Robertson: Teletext kann von allen gängigen Bandtypen wie VHS oder Betamax rekonstruiert werden. Teletext wurde ja in einem analogen Format übertragen und Videorekorder zeichneten das ganze analoge Signal auf (auch das kleine Stück am oberen Rand des Fernsehbildes, wo die Teletext-Daten liegen, das Fernseher aber normalerweise nicht anzeigen), die Teletext-Daten wurden also mit aufgezeichnet. Leider tendieren TV-Rekorder dazu, die Daten beim Aufzeichnen zu verwaschen – man kann das daran erkennen, dass Videoaufzeichnungen nicht so klar sind wie das Originalfernsehbild.

Zum Glück, mit Technologie, die Alistair Buxton entwickelt hat, kann man diese Daten mit einer TV-Capture-Karte digitalisieren, das Ganze bearbeiten und daraus dann die ursprünglichen Teletext-Daten extrahieren. Ist nicht perfekt, aber man kombiniert dann die Ergebnisse von mehreren Samples einer Seite und mittelt damit die Fehler weg. Wenn wir die Daten erst mal haben, können wir sie im Originalformat speichern, im HTML-Format, oder wir können sie in jedes andere gewünschte Format konvertieren.

Die Zeit, die man für einen kompletten Teletext-Dump braucht, hängt vom längsten Karussell ab (wobei ein Karussell eine Seite ist, die aus mehreren Unterseiten besteht, die nacheinander immer wiederkehren). Hast du nur eine einzige Seite in einem Karussell, dann dauert der Abruf genau einen Durchlauf aller Seiten lang. Wenn das längste Karussell zehn Unterseiten umfasst, dann brauchst du so viel Zeit, wie zehn Durchläufe aller Seiten benötigen.

Allgemein gesagt, reichen 20 bis 30 Minuten Aufzeichnung. Obwohl du von jedem beliebig kurzen Stück Aufzeichnung Daten entnehmen kannst, wenn du willst. Hast du mehrere Versionen von derselben Seite, ist es sowieso besser, diese abzugleichen und Fehler so auszumerzen (ab einem bestimmten Punkt hast du dann aber nach einer Zeit „schrumpfende Einnahmen“).

 

Lotek64: Für welches Medium ist eure Teletext-Kunst eigentlich gedacht, man kann sie doch nicht einfach in ihrem angestammten Zuhause anzeigen, oder? Sollen sie auf einem Computer-Bildschirm angeschaut werden oder auf einem iPad oder soll man sie ausdrucken und an die Wand hängen? Soll die Tate Gallery Teletext-Kunst auf einem Display anzeigen?

Dan Farrimond: Für mich ist Fernsehen das beste Wiedergabemedium für Teletext, aber wenn man das nicht hat, sind Smartphones so etwas wie die natürlichen Nachfolger. Gibt es einen besseren Weg, kurzgefasste Nachrichten und Meldungen auf dem Weg zur Arbeit abzurufen?

Was die Kunst angeht, wollen meine Kunden die Seiten meistens als Teletext oder in Grafikformaten, aber erst vor ein paar Monaten habe ich auch eine Anfrage gehabt, wo ein einzigartiger, nie gesehener Ausdruck verlangt wurde! Ein Teil von mir wünscht sich Teletext-Seiten auf einer drei Meter großen Autobahnanzeigetafel, in der die Autofahrer ermahnt werden, ihre Augen auf der Straße zu halten oder sowas.

Man könnte Teletext-Seiten auch in einer Art „Wähle dein individuelles Abenteuer“-Buch bringen, wo die Leser aufgefordert werden, „Seite 34 aufzuschlagen“, um die neuesten Sportschlagzeilen zu lesen. Sie werden dann aber im Gegensatz zu einer lebendigen Multimedia-Erfahrung mit dynamisch sich ändernden Inhalten zu einem Archiv.

Tate Britain hat Teletext-Kunst sogar schon ausgestellt, wenn auch nur kurzzeitig – sie beschafften sich neun würfelförmige Fernsehgeräte für die „Late at Tate“-Blockparty Juni 2015 in London. Offensichtlich sind sie genauso besessen vom Konzept einer „Wand der Teletext-Fernseher“ wie ich!

 

Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass irgendwer wie Tate Teletext schließlich auf einer mehr zeitlich unbegrenzten Basis ausstellt. Dieses Jahr noch wird es die ersten Teletext-Ausstellungen in englischen Galerien geben, und es wird nicht lange dauern, bis die größeren Museen Notiz von dieser schnellwachsenden Kunstform nehmen werden.

 

Lotek64: Zwischen 1983 und 1989 wurde Ceefax dazu verwendet, Software für den BBC Micro zu übertragen. In Frankreich gab es ähnliche (und technisch anspruchsvollere) Projekte. Das Minitel, eingeführt 1982, wurde richtig populär und ebnete den Weg für das Internet. Ich erinnere mich an einen Besuch bei einem Freund in Paris vor der Internet-Ära, da benutzten die Menschen wirklich diesen kleinen Computer für viele Dinge, die heute mit Mobilgeräten erledigt werden. Teletext war nicht so vielseitig, aber immer noch recht nützlich. Wofür habt ihr ganz persönlich Teletext eingesetzt?

Peter Kwan: Ich brauchte Teletext für meinen Job bei ITN. Es war immer eine große Hektik zu den News at Ten zurechtzukommen und es war mein Job, die Mittwochsfußball-Resultate zu bringen. Zur Zeitersparnis hab ich immer die Spielergebnisse aus dem BBC-Ceefax-Dienst eingespielt, die waren am schnellsten. Später bekam ich die Daten auf einem Blatt Papier und konnte dann vergleichen, ob alles richtig war. Zuhause benutzte ich Ceefax hauptsächlich zum Lesen der Nachrichten, für den Wetterbericht und als Fernsehzeitung. Früher hatte ich einen Rekorder mit eingebautem Dekoder. Ich hätte ihn behalten sollen, denn Online-Dekoder sind wirklich selten heutzutage.

Dan Farrimond: Für mich war Teletext schon allein wegen der Sportnachrichten wichtig. Wenn ich von einem Fußballspiel nach Hause kam, wollte ich gleich wissen, wie die anderen Vereine abgeschnitten haben, und vor allem wie die Wigan Athletics, mein Club, in der Liga standen. Ich erinnere mich auch, dass ich im Teletext verfolgt habe, wie das englische Cricket-Team 1998 die Südafrikaner schlug… live im Teletext! Und vielleicht am bemerkenswertesten, Teletext informierte mich zuerst über den Tod von Michael Jackson – das war schon im Jahre 2009, in der Endphase des Teletext.

Dann gab es da noch die Kummerkasten-Kolumne, die eigentlich ernst gemeint war, aber immer lustiger endete als meine schlimmsten Zeich-hoppla-nungen, ich meine, die Zeichnungen, die man als Kind so verbricht. Ahem…

 

Lotek64: Teletext war ja auf eine Art revolutionär. Man konnte es rund um die Uhr aufrufen und es kostete nichts. Und man erhielt dort eigentlich ganz nützliche Informationen. Nachrichten, Musik- und Kino-Charts, Sport… Im Teletext gab es all das Jahre, bevor es überhaupt Webseiten gab. Man konnte es nur nicht personalisieren, wie man das heute bei den modernen Internetdiensten tun kann. Haben die Integration von Sozialen Medien und „personalisierte Werbung“ den Teletext letztendlich umgebracht?

Dan Farrimond: Ich glaube nicht, dass nun gerade Teletext unter den Sozialen Medien gelitten hätte, weil es so etwas ganz einfach sich hätte aneignen können – ich denke, das wird in Kürze sogar direkt bewiesen, wenn nämlich das erste Teletext Social Network endgültig an den Start geht!

Peter Kwan: Der Wechsel von analoger zu digitaler Technik hat es getötet. Wozu hätte die neue Technologie Teletext unterstützen sollen, so etwas war völlig sinnlos, es ging doch jetzt viel besser. Warum die Leute dazu zwingen, sich Seitennummern zu merken, wenn man doch einfach auf einen Link zu klicken brauchte?

Jason Robertson: Ich glaube, dass die Smartphones den Teletext umgebracht haben – wo du auch bist und wann du willst, kannst du heute auf Nachrichten und Informationen zugreifen, mit einem Bildschirm, der in jede Hosentasche passt. Entweder die waren es, oder weil auf Teletext nicht endlos unterhaltsame Katzenvideos geliefert werden.

 

Lotek64: Was erwartet uns in der der Zukunft, was den Teletext angeht?

Dan Farrimond: Ich hoffe ja, dass Teletext in den nächsten 50 Jahren in wissenschaftlichen Lehrbüchern landet und gefeiert wird als künstlerisches Medium. Es werden Bücher darüber erscheinen und Dokumentationen entstehen, darüber, wie dieses wirtschaftlich sterbende Medium von Designern und der Öffentlichkeit neu belebt wurde für die Belange der Kunst. Und danach? Wer weiß? Weltherrschaft, denke ich.

Peter Kwan: Ich wünsche mir, dass in Zukunft alle, die mit Teletext herumexperimentieren möchten, das auch tun können. Es gibt auch schon einen Trend, die Systeme einander kompatibler zu machen, damit man besser austauschen kann. Es gibt sogar Teletext-Übertragungen auf Amateur-Fernsehangeboten. Allerdings wird es in spätestens zehn Jahren Teletext-Systeme und ihr Angebot nur noch von ausgesprochenen „Umweltschützern“ geben. Sprich, die Bewegung existiert dann noch, die Leute arbeiten dann aber auf Computern und Raspberry Pis oder was immer in 2027 aktuell sein wird.

Jason Robertson: Teletext wird sich mehr und mehr in das Reich der Hobbyisten zurückziehen und die Sender werden schrittweise aussteigen. Wenn du Teletext empfangen kannst, genieße es, solange es noch geht.

Lotek64: Danke an alle!

C64-Oldie: Conan (Datasoft, 1984)

Als der texanische Autor Robert E. Howard Anfang der 1930er-Jahre für Weird Tales, ein damals äußerst beliebtes Pulp-Magazin, in dem auch Howards Brieffreund H.P. Lovecraft einige seiner Kurzgeschichten veröffentlichte, den prähistorischen Barbaren Conan erfand, war kaum vorhersehbar, welche Spuren diese Figur in der Populärkultur des 20. Jahrhundert hinterlassen würde. Mit dem kommerziellen Erfolg der beiden Filme Conan der Barbar (1982) und Conan der Zerstörer (1984) mit Arnold Schwarzenegger als muskelbepackter Schwertkämpfer war es keine Frage mehr, dass der Barbar auch unsere Heimcomputer erobern musste.

Datasoft hat in der C64-Welt keine allzu großen Akzente gesetzt, sieht man vom Evergreen Bruce Lee (1984) ab, das bis heute zu den beliebtesten Spielen gehört. Conan, manchmal auch mit dem Zusatz „Hall of Volta“ versehen, ist ein heute beinahe vergessenes Spiel, obwohl Versionen für mehrere Plattformen veröffentlicht wurden.

Im Spiel muss Conan einen Bösewicht namens Volta besiegen, der sogar mit einem Van-de-Graaff-Generator (Level 6) kämpft. Das scheint nicht recht in das Barbarenuniversum zu passen, stört abconan_2er auch nicht, da die Hintergrundgeschichte völlig unbedeutend für den Spielablauf bleibt. Conan ist ein klassisches Plattformspiel à la Jump Man, in dem unser Held sieben Bildschirme überwinden muss, um das Spiel zu schlagen. Dabei müssen Gegner mit dem Schwert besiegt, Abgründe übersprungen und Schlüssel gefunden werden, die den Ausgang freilegen. Auch Teleporter stehen zur Verfügung. Objekte wie Schlüssel und Edelsteine werden durch Berührung aufgenommen und bringen Punkte.

Die Steuerung mittels Joystick, bei der nur sechs der acht möglichen Positionen verwendet werden, ist schnell erlernt. Conan kann laufen und springen, Leitern nach oben oder unten klettern und sein Schwert werfen. Ja, Conan wirft sein Schwert wie einen Bumerang, deshalb hat er zu Beginn zehn Exemplare im Gepäck, die er nicht zu schnell verbrauchen sollte. Das ist irgendwie unlogisch, wie vieles andere an diesem Spiel. Gelegentlich findet maconan_6n neue, die man vor allem für die späteren Levels sammeln sollte.

Diese bewährten Genre-Zutaten könnten die Grundlage für ein unterhaltsames Jump’n’Run bilden. Tun sie aber nicht, denn weniger erfreulich als die Grundidee sind die technische, optische und musikalische Umsetzung. Die Hintergrundgrafik ist nicht gut, aber noch zweckmäßig. Die zweistimmige Melodie nervt, kann aber deaktiviert werden. Die Soundeffekte beschränken sich auf undefinierbare Zischgeräusche. Scrolling gibt es keines, jedes der sieben Levels findet auf einem Bildschirm Platz, der durchquert werden muss.

Technisch ist Conan äußerst mangelhaft umgesetzt. Der Code wurde von den Atari-Achtbittern portiert und mit sehr wenig Aufwand dem C64 angepasst. So wurde z.B. auf Sprites verzichtet, was sich bei der Hauptfigur in einem Dauerflackern äußert. Das ist aber nicht das größte Gebrechen des Spiels, denn wirklich mühsam wird es, wenn sich viele Gegner gleichzeitig am Bildschirm tummeln. Dann verlangsamt sich der Ablauf bis zur Unspielbarkeit. Unverständlich ist auch, dass Conan nur auf Diskette veröffentlicht wurde: Das Nachladen der einzelnen Bildschirme wäre bei einer etwas weniger unsauberen Programmierung unnötig gewesen und ist der Tconan_4atsache geschuldet, dass eine Menge überflüssiger Atari-Code in der C64-Fassung erhalten blieb.

Neben den technischen Unzulänglichkeiten plagen das Programm auch mehrere kaum nachvollziehbare Entscheidungen der Programmierer. So kann Conan tiefe Abgründe hinunterstürzen, ohne Verletzungen davonzutragen. Dafür kann er nicht einmal leicht erhöhte Stellen erklimmen und muss lange Umwege auf sich nehmen, um eine kniehohe Wurzel zu überwinden. In anderen Levels genügt ein Sturz aus geringer Höhe, um eines der drei Leben zu verlieren.

Punkte gibt es, wenn Conan einen Widersacher (u.a. Fledermäuse, Insekten, Drachen) besiegt, Edelsteine, Schwerter und Schlüssel findet oder Schlösser öffnet. Auch für das Beenden eines Levels gibt es Punkte, manchmal sogar ein Extraleben. Da es keine speicherbare Bestenliste gibt, taugt die conan_datasoftMöglichkeit zur Punktemaximierung jedoch wenig als Zusatzmotivation.

Trotz all seiner Gebrechen ist das Spiel nicht ganz ohne Reiz. Da das Spiel in den ersten Levels nicht allzu schwierig ist, möchte man trotz aller Unzulänglichkeiten wissen, was einen am Schluss erwartet. Wer die Möglichkeit dazu hat, sollte das besser mit der Apple-II-Umsetzung versuchen. Diese gilt als die gelungenste Version, auch wenn sie ebenso am Flackern der Hauptfigur leidet.

C64-Oldie: Raging Beast (Firebird, 1985)

Stierkampf war schon in den 80er-Jahren eine höchst umstrittene Angelegenheit. Tradition oder Tierschutz, was wiegt schwerer? In unserem Fall die Tradition, da in der Pixelarena kein Stier zu Schaden kommt. Nicht einmal virtuell.

Raging Beast, in Frankreich und Australien unter dem Titel „Olé“ verkauft, ist die erste und einzige Stierkampfsimulation für den Commodore 64, möglicherweise überhaupt die einzige, die im klassischen Zeitalter der Computerspiele erschienen ist.

Auch wennraging_beast deshalb kein Vergleich mit ähnlichen Spielen möglich ist: Raging Beast hat nicht nur einen ungewöhnlichen Inhalt, es ist auch hervorragend umgesetzt. Ziel des Spiels ist es, als Torero einen Stier – die Anleitung nennt ihn Alfonso – zu bezwingen, was nicht besonders abwechslungsreich ist: Der kleine Matador läuft durch die Arena und reizt den Stier mit einem roten Tuch. Kurz bevor ihn der Stier berührt, zieht der Matador das Tuch zur Seite und lässt das Tier ins Leere laufen. Das führt jedes Mal zu Begeisterungsstürmen beim Publikum. Wenn man das oft genug wiederholt hat, wird aus den Publikumsrängen eine Schlinge in die Arena geworfen. Diese hebt man auf und setzt sie dem Stier auf die Hörner. Gelingt das, ist der Kampf gewonnen. Kommt man in Bedrängnis, kann man versuchen, dem Tier durch Weglaufen auszuweichen oder sich durch einen Sprung zu retten.

Der Stier kann in diesem Spiel nicht verletzt werden, ganz im Gegensatz zum Matador. Dieser wird beim kleinesten Fehler auf die Hörner genommen und durch die Luft gewirbelt. Steht er nicht schnell genug auf, setzt sich der Stier auf seinen Körper, bis das Pixelmännchen tief im Sand versunken ist. Da können ole6nur noch die Sanitäter helfen. Während die beiden den Torero auf einer Bahre abtransportieren, applaudiert der Bulle im Hintergrund und genießt seinen Triumph. Manchmal landet man auf Alfonsos Rücken, dann gibt es eine kleine Rodeo-Einlage. Dabei kann man viele Bonuspunkte sammeln, aber auch im Krankenhaus landen.ole4

Neben solchen kleinen Details gibt es noch Plakate zu sehen, auf denen das Ergebnis des Kampfes verkündet wird. Ein Flugzeug mit einem Banner fliegt regelmäßig über die Arena und zeigt die Punkte an, die man sich erarbeitet hat. Das alles ist für ein Spiel des Jahres 1985 beachtenswert, wenn auch nicht umwerfend. Die Grafik ist insgesamt schlicht, die Animation allerdings ansprechend und detailreich. Ein Musikstück zur Untermalung gibt es auch. Dieses gehört nicht in die oberste Liga des SID-Katalogs, ist aber auch nicht aufdringlich oder störend.

Die Beherrschung des Matadors bedarf einiger Übung, da die Steuerung sehr ole2träge reagiert. Das scheint aber beabsichtigt zu sein, da das Spiel sonst zu schnell ablaufen würde. Mit dem Joystick (Port 2) wird der Matador frei durch die Arena beweget. Wird der Feuerknopf gedrückt, werden folgende Aktionen ausgeführt: Vorwärts = springen / Zurück = Tuch fallenlassen / Links = Stier mit dem Tuch reizen / Rechts = Tuch zurückziehen. Das alles lässt sich auch mit der Tastatur bewerkstelligen.

Ich habe Raging Beast 1986 in einem Grazer Kaufhaus gesehen. Es war zu Vorführzwecken geladen und mehrere Jugendliche bestaunten die für die damalige Zeit aufregende Grafik. Danach habe ich das Spiel vergessen und erst 30 Jahre später wiederentdeckt. Ein Klassiker ist der Titel nie geworden, mit einigem Recht: Es gibt sehr viel bessere und vor allem abwechslungsreichere Spiele aus dieser Zeit. Aber eine zweite Chance hat dieses originelle und außergewöhnliche Spiel sicher verdient.

Traceroute: Das Herz der Finsternis gebiert einen reisenden Nerd

Johannes Grenzfurthner, Lotek64-Lesern in Zusammenhang mit dem Film Die Gstettensaga und den in Sowjet-Unterzögersdorf angesiedelten Point-and-Klick-Adventures bekannt, war ein Nerd von Weltrang, bevor dieses Wort Eingang in unseren Wortschatz fand. In Traceroute nimmt er uns auf einen Road Trip durch sein eigenes Leben und durch die USA mit.

„Being a nerd is not about what you love; it’s about how you love it.“
Wil Wheaton

 

Traceroute beginnt im beschaulichen Niederösterreich der 1970er-Jahre. „Austria is primarily known for music and mass murder. A culturally challenged country deep in the heart of darkness“, charakterisiert Grenzfurthner eine Vision seiner Heimat, die er bereits 2014 im Endzeitfilm Die Gstettensaga: The Rise of Echselfriedl auf die Kinoleinwand gebracht hat.

Der den Film eröffntraceroute_still_6ende Spaziergang durch das Fotoalbum der Familie Grenzfurthner weist erschreckend viel Wiedererkennungswert auf, ich spreche von meinem eigenen Leben. Ich bin im gleichen Land aufgewachsen, und das nur drei Jahre zuvor in den bleiernen 80ern, als die Welt zumindest in Österreich in einem ewigen Stillstand zu verharren schien. Disneys „Lustige Taschenbücher“, Mondstaub, Dinosaurier und Urmenschen, das P.M. Magazin, Kryptozoologie und Cyberpunk: Das waren und sind die konstituierenden Elemente einer Nerdkarriere.

Es mag seiner Geburt im Jahr 1975 geschuldet sein, dass Johannes Grenzfurthner als Teenager den Commodore 64 nicht gebührend zu würdigen weiß. Er hatte zwar Zugang zu diesem elektronischen Grundbaustein unzähliger Lebensentwürfe, verfiel der Heimcomputerei aber erst, als er einen IBM-PC in seine Finger bekam, der ihm als Plattform für Adventures aus dem Hause Sierra On-Line diente. Im Alter von 13 Jahren entdeckt er das Mailboxnetz FidoNet, da war vom Internet noch lange keineTR_Nerd Rede. Kann es eine glücklichere Kindheit geben?

Die folgenden Jahrzehnte verbringt Grenzfurthner mit der Gründung der Gruppe monochrom, wird Allround-Künstler, lehrt an Hochschulen in Linz und Graz und leitet unter anderem das Festival Arse Elektronika („Konferenz für Sex und Technologie“). Mit 40 beschließt er, andere Vertreter seiner Spezies zu besuchen und begibt sich auf eine lange Reise durch die USA. Begleitet von einer kleinen Filmcrew, die alle Stationen der Expedition auf Speicherkarte festhält, durchkämmt er in wochenlanger Schwerarbeit das flächenmäßig drittgrößte Land der Erde von TR_MaggiWest nach Ost, um uns an die Sehnsuchtsorte seiner Interessen und Obsessionen zu entführen.

In hoher Dichte gibt der Film wieder, was den beneidenswert produktiven Nerd geprägt hat und heute ausmacht. Amateurfunker, „tote Medien“, die Area 51, Sextoys für Nerds, Meteoritenkrater, Navajo-Funker – Johannes Grenzfurthner ist in Fahrt, gönnt uns bei seinen vielen Zwischenstationen kaum eine Pause, füllt selbst die kurzen Momente, in denen das Auto zum nächsten Schauplatz und/oder Interview rollt, mit interessanten Anekdoten. Der Text entwickelt sich zu einer hyperlinkfreien Enzyklopädie des Nerdtums. Manche Gesprächspartner gehen es etwas geruhsamer an, dann bleibt dem Zuseher ein kurzer Moment zum Verdauen.

Irgendwann zwischen der Cowboy Church von Durango und dem Besuch bei Bruce Sterling, der unter anderem The Hacker Crackdown (1992) geschrieben hat, ein einflussreiches und seit 1994 frei im Netz verfügbares Buch über die Hackerkultur in den USA und deren strafrechtliche Verfolgung, etwa in der groß angelegten „Operation Sundevil“ im Jahr 1990, macht der Miniaturtross in Almagordo (New Mexico) Halt. Dort wurde nicht nur die erste Atombombe gezündet, auch der spektakuläre Zusammenbruch des Konsolenmarktes im Jahr 1983 fand dort seinen symbolträchtigen Höhepunkt, als 700.000 unverkäufliche Atari-2600-Cartridges (E.T. – aber die Geschichte kennt ohnehin jeder) auf einer Mülldeponie vergraben wurden. Lange Zeit wurde die Geschichte in der Community angezweifelt, bis 2014 unter großer öffentlicher Anteilnahme 1300 Exemplare aus der oberen Schicht entnommen wurden.

Traceroute_BierPen-and-Paper-Spiele dürfen ebensowenig fehlen wie ein Besuch im texanischen Waco, wo 1993 beim Versuch einer FBI-Einheit, den selbst ernannten Propheten David Koresh zu verhaften, 80 Menschen ums Leben kamen. Nächster Halt beim Monroeville Mall (Pittsburgh): Hier wurde 1978 George Romeros Zombie-Klassiker Dawn of the Dead gedreht. Höhlensysteme, „Sex-Geek“ Kit Stubbs, der Grabstein von H.P. Lovecraft, eine Sammlung alter Technologien (Stichwort: Disketten), rasant reisen wir mit dem Erzähler durch Zeit und Raum und steuern auf das große Finale zu, als Grenzfurthner einen Special-Effects-Künstler besucht, der ihm… nein, Spoileralarm! Für das Finale nach dem Finale gibt es noch eine Portion Kubrick, erst dann darf der Kopf wieder abkühlen.

Traceroute ist ein persönlicher und autobiografischer Film, dessen Publikum Elemente der eigenen Biografie wiederfinden wird. Der Film ist sehr viel mehr als ein Einblick in die Welt von Freaks, die ihre Finger nicht von ihren alten Computern lassen können. Denn: „Beim Nerd-Sein geht es nicht darum, was du verehrst, sondern wie du es verehrst.“ Zum Beispiel durch eine anstrengende, lange und unbedingt sehenswerte Pilgerreise durch die Vereinigten Staaten. (gf)

 

Traceroute, USA/A 2016, Johannes Grenzfurthner, 120 Minuten; zu sehen am:
19.5.2016 – Votivkino Wien (Ethnocineca Festival)
3.6.2016 – Top Kino Wien (Austrian Filmfestival)

Weitere Termine in Deutschland, Japan, USA, Israel auf der Webseite des Films.

 

C64-Oldie: Park Patrol (Activision, 1984)

Activision war in den frühen 1980er-Jahren einer der wichtigsten Spielehersteller. Park Patrol, ursprünglich ein exklusives C64-Spiel, fühlte sich an wie ein Spielhallentitel und unterstrich dadurch die herausragenden Fähigkeiten des C64.

Das Spiel wurde von Tony Ngo programmiert, der neben Park Patrol lediglich für zwei wenig bekannte Titel (Bandits, Squish’em) verantwortlich zeichnet. Die – wenig überzeugende – Musik sowie die auch nicht gerade berauschenden PP_1Soundeffekte stammen von Russell Liebich, der auch für C64-Hits wie Labyrinth und Little Coputer People komponierte.

Der Inhalt ist schnell beschrieben: Ein Parkwächter bzw. optional eine Parkwächterin in Timberland muss das Naturreservat von Müll befreien, den Touristen dort liegengelassen haben. Im ersten Level sind es Getränkedosen, Park_Patrol_coverdann Flaschen und andere Gegenstände, die achtlos in der Natur weggeworfen wurden. Ein Teil des Mülls schwimmt im Fluss, der Rest befindet sich am Ufer. Unser Parkwächter hat ein kleines Schlauchboot, mit dem er sich schnell über das Wasser bewegen kann. Steuert man das Boot ans Ufer, springt unser Sheriff an Land und lässt sich dort wie im Fluss in alle vier Richtungen steuern. Die Landschaft scrollt dabei technisch sauer horizontal.

An Hindernissen mangelt es nicht: Im Wasser tummeln sich Schlangen, an Land Schildkröten und andere Tiere. Eine Berührung kostet ein Leben. Eine zu heftige Kollision mit Baumstämmen im Wasser kann zum Kentern des Bootes führen. Wer seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen möchte, kann auf einen Baumstamm springen und dort balancieren – was Extrapunkte einbringt. Ein Druck auf den Feuerknop

f bewirkt im Wasser das Verschießen von Schlangengift, um sich die Viecher vom Leib zu halten, und an Land einen weiten Sprung, mit dem man den flinken Schildkröten ausweichen kann.PP_2

Das Spiel ist score-orientiert, motiviert also zur Jagd auf hohe Punktzahlen. Diese erreicht man durch schnelles Absolvieren der Levels (die verbleibende Energie wird in Punkte umgewandelt). Energie kann durch Nahrungsaufnahme in der Ranger-Hütte aufgestockt werden. Extrapunkte gibt es für das Retten von ertrinkenden Schwimmern.

Eine Besonderheit ist die Konfigurierbarkeit der drei Levels. Verschiedene Parameter (vom Geschlecht des Sheriffs bis zur Anzahl der aufzusammelnden Objekte) können hier verändert und gespeichert bzw. geladen werden. Dass es einen Zwei-Spieler-Modus gibt, soll nicht unerwähnt bleiben. Später wurden Konvertierungen für CPC und Sinclair Spectrum veröffentlicht, die aber nicht die Qualität dePP_3r C64-Fassung erreichen.

Wer das Spiel nicht kennt oder wieder einmal ausprobieren möchte, greife zur „modernen“ Version der Gruppe Remember, die außer der Anleitung im Originaltext einen umfangreichen Trainer sowie einige Bugfixes enthält. Park Patrol wirkt aus heutiger Sicht etwas bieder, demonstrierte aber zum Zeitpunkt des Erscheinens, dass auf dem C64 Spiele realisierbar waren, die so manchen Arcade-Titeln um nichts nachstanden.

Link:
  • http://gb64.com/game.php?id=5569&d=18&h=0 

    PP_Spectrum
    Wenig berauschend: die Spectrum-Version von Park Patrol

C64-Oldie 03: Crime and Punishment (Imagic, 1984) vs. Law of the West (Accolade, 1985)

Diesmal nehmen wir uns zwei Titel aus der frühen C64-Ära vor, die sich beide mit dem Gesetzesvollzug in den USA beschäftigen. Klingt trocken, ist es – teilweise – auch.

Crime nd Punishment entlehnt senen bedeutungsschweren Titel dem 1866 erschienenen Roman von Fjodor Dostojewski, der in älteren Übersetzungen „Schuld und Sühne“, neuerdings aber, wie im Englischen, „Verbrechen und Strafe“ heißt. MCP-Titelit dem ursprünglich in zwölf Fortsetzungen veröffentlichten ersten Roman des russischen Schriftstellers hat das Spiel aber nichts zu tun.

Vielmehr handelt es sich um die Simulation von Strafprozessen, bei denen – nach US-Recht – unterschiedlichste Vergehen bzw. Verbrechen verhandelt werden.

Crime and Punishment setzt ein Diskettenlaufwerk voraus, obwohl die Daten mit etwas Mühe wohl auch ohne Nachladen in den Speicher des C64 gepasst hätten. CP-BoxAußer der C64-Version gibt es noch eine Fassung für den Apple II, beide befanden sich auf derselben Diskette. Die Firma Imagic veröffentlichte für den C64 nur einen einzigen weiteren Titel, das spartanische, aber durchaus unterhaltsame Tournament Tennis, europäischen Spielern als Match Point bekannt. Weitere Spiele von Imagic erschienen für Plattformen wie Atari 2600 und Intellivision.

Die Gerichtssimulation wurde vermutlich nur in Nordamerika verkauft, da sie ohne Grundkenntnisse des US-amerikanischen Rechtssystems nicht sinnvoll gespielt werden kann. Diese Grundkenntnisse werden allerdings in einer Einleitung, die nach Spielstart aufgerufen werden kann, auf mehreren Textseiten vermittelt. Wer den Text einmal gelesen hat, kann ihn künftig überspringen und sich gleich ins Geschehen stürzen.

Der Reihe nach werden verschiedene Fälle behandelt. Die handelnden Personen, die Straftaten, die Hintergrundinformationen zur verhandelten Tat, alles wird per Zufallsgenerator aus einer Datenbank zusammengesetzt, damit kein Fall CP-Richterexakt einem bereits gespielten gleicht. Die Bandbreite reicht von einer Beleidigung bis zum Mord. Mit den Zifferntasten können nun verschiedene Informationen angerufen werden, von allfälligen Vorstrafen bis zu einem Persönlichkeitsprofil des verurteilten Täters. Zu beachten dabei ist, dass die Angeklagten in Crime and Punishment bereits von einer Jury verurteilt wurden. Ziel des Spiel ist es, aufgrund der vorliegenden Informationen das Strafmaß festzulegen.

Nach genauem Studium des Falls werden noch einmal alle wesentlichen Fakten eingeblendet. Danach gilt es, festzulegen, ob der bzw. die Angeklagte in ein CP-ZusammenfassungGefängnis für längere oder kürzere Haftdauer (US-Unterscheidung zwischen „prison“ und „jail“) eingewiesen wird oder die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wird. Die Dauer der Haft bzw. der Bewährung wird in Jahren und Monaten eingegeben. Danach erfolgt die Bewertung durch den Computer: Liegt man mit der Strafe im vorgesehenen Rahmen, steigt der „richterliche IQ“, liegt man weit daneben, erhält man nur wenige Punkte.

Der Lautsprecher bleibt währenddessen fast vollkommen stumm, eine Titelmusik oder begleitende Geräusche gibt es nicht, was aber nicht als Manko betrachtet werden muss. Lediglich die Tastatureingaben werden mit einem CP-UrteilPiepsen quittiert und nach Abschluss einer Verhandlung ertönt eine Melodie, die man besser weggelassen hätte. Auch grafisch ist sich das Spiel nicht gerade opulent aufgemacht. Es gibt eine überschaubare Zahl von Standbildern, die, je nach Phase des Prozesses, der Reihe nach gezeigt werden. Meistens sieht man einen Richter mit grünem (!) Gesicht. Vielleicht eine versteckte Kritik am US-Justizsystem, oder auch nur die Unfähigkeit, die überschaubare Farbpalette des C64 in den Griff zu kriegen.

Crime and Punishment mag nach einer guten Idee klingen, die lieblose Umsetzung macht das Spiel aber bereits nach wenigen Verhandlungen langweilig. Auch liefert der Zufallsgenerator nicht immer sinnvolle Fälle: Gleich in meiner ersten Verhandlung war eine 61jährige Karatelehrerin eines Diebstahls beschuldigt, die laut Strafregister eine Jugendstrafe für das Hacken fremden Computer auf dem Konto hatte. Bei einem 1984 erschienenen Spiel hätte die Delinquentin dieses Vergehen irgendwann in den 1940er-Jahren begehen müssen, und es ist kaum davon auszugehen, dass das Hacken in dieser Zeit Teil des Jugendstrafrechts war. Fazit: Das Programm folgt einer netten Idee, ist aber nicht ohne Grund unbekannt geblieben.

 

Ganz anders sieht es beim zweiten Titel aus. Law of the West ist einer der bekanntesten C64-Oldies und war Mitte der 80er einer der populärsten Titel. In LW-Titeldiesem Spiel verkörpert man den Sheriff einer Kleinstadt im Wilden Westen, der auf verschiedene Bewohner trifft und dabei so manchen Konflikt lösen muss – sei es durch Überzeugungskraft im Gespräch oder auch mit dem Colt, den er immer griffbereit am Gürtel seiner Jeans trägt.

Das Spiel besteht aus einer Reihe von Dialogen, die dem Spieler immer vier Dialogzeilen zur Auswahl lassen. Je nachdem, wie die Gespräche verlaufen, kann der Sheriff die Lage beruhigen oder einen Schusswechsel provozieren. So kann ein Gespräch damit enden, dass das Gegenüber den Schauplatz verlässt oder aber den Revolver zieht – manchmal nach einer Pause, manchmal auch LW-Banküberraschend – dann bleibt nur der schnelle Griff zur Waffe (gespielt wird mit dem Joystick), der Schuss sollte sein Ziel nicht verfehlen. Manchmal hilft es auch, zuerst zur Waffe zu greifen, so mancher Übeltäter verzichtet dann auf ein Duell und ergibt sich. Es kommt sogar vor, dass sich ein schießwütiger Gegner zuerst davonstiehlt, dann aber von einem Hinterhalt aus auf den Sheriff schießt. Höchste Konzentration ist bei diesen Actioneinlagen also gefragt. Oft verlaufen die Gespräche auch weniger verhängnisvoll, etwa wenn der Sheriff mit der Lehrerin flirtet oder mit seinem Deputy eine Einsatzbesprechung abhält.

Grafisch wird bei Law of the West sehr gute Kost geboten. Zwar ist die Anzahl der Hintergrundbilder und auch der Charaktere, denen man im Spiel begegnet, überschaubar, aber die Bilder sind liebevoll gezeichnet und für ein Spiel aus dem Jahr 1985 sensationell – Pixelmeisterwerke wie die Adventures von Magnetic LW-SaloonScrolls oder Defender of the Crown erschienen erst später. Weniger spektakulär ist die musikalische Begleitung von Ed Bogas, der eine Reihe von Melodien aufbietet, die zu jedem Gespräch die (vermeintlich!) passende Stimmung erzeugen. Immerhin ist es eines der ersten C64-Spiele, das einen richtigen Soundtrack umfasst, nicht nur ein einzelnes Musikstück.

Zwar hat man in Law of the West relativ schnell alle Situationen durchgespielt, doch macht es nach einigen Jahren dennoch wieder Spaß, das Spiel erneut durchzuspielen. Hat man alle Dialoge durchgespielt bzw. ist bei einer Schießerei unterlegen, wird die Performance einer GesamtbewertLW-Teacherung unterzogen. Dabei werden sieben Parameter berücksichtigt: Wahrung der Autorität, Zahl der Verhaftungen, Flirt-Punkte, erschossene Gegner, eigene Schusswunden (nicht jeder Schuss endet tödlich), Zahl der Unschuldigen, die getötet wurden, Zahl der begangenen Verbrechen.

Wer das Spiel ausprobieren möchte, kann auf die großartige Version von Jack Alien/Remember zurückgreifen, die einige kleine Probleme des Originals behebt – etwa das Raster-Flackern zwischen dem Bild und dem Textblock. Auch die LW-EndeLadezeiten wurden verringert. Law of the West wird zu Recht als C64-Klassiker betrachtet. Wer es nie gespielt hat, könnte sich allerdings an jene Welle von „interaktiven Filmen“ erinnert fühlen, die zehn Jahre später, am Beginn des CD-Rom-Zeitalters, für Langeweile sorgten. Im Jahr 1985 war es aber zweifellos ein innovatives Spiel, in dem auch die launigen Klick-Dialoge vorweggenommen wurden, die später zum Merkmal vieler Lucasart-Adventures wurden.

 

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C64-Oldie 02: Fort Apocalypse (Synapse Software, 1982)

Fort Apocalypse ist eines der allerersten kommerziellen Spiele für den Commodore 64. Es erschien 1982, zu einem Zeitpunkt, als der C64 in Europa noch gar nicht verkauft wurde und die Programmierung des kommenden Heimcomputers Nr. 1 noch Neuland war.

Vor diesem Hintergrund sind natürlich keine technischen Höhenflüge zu erwarten, aber Programmierer Joe Vierra holte im ersten Jahr des C64 erstaunlich viel aus der noch unbekannten Hardware heraus und legte ein Spiel vor, das bis heute fast jedem C64-Fan in Erinnerung geblieben ist.

Synapse Software aus Kalifornien legten ungefähr 20 Spiele für den Commodore 64 vor, bevor sie 1984 in Folge finanzieller Probleme von Brøderbund geschluckt wurden. Darunter befinden sich klingende Namen wie Blue Max, Shamus und The Pharaoh’s Curse.

In Fort Apocalypse muss der Joystickpilot einen Helikopter durch eine gefürchtete unterirdische Befestigung des Kralthans (ja, so heißen die Beherrscher des Erdinneren), die Draconis-Höhlen, steuern. Diese liegen unterhalb des gefürchteten Fort Apocalypse. Der Name ist selbstverständlich Programm, die Anlage wird mit viel Feuerkraft und beinahe unüberwindlichen Barrieren verteidigt. In den Verliesen der Draconis-Höhlen müssen acht Gefangene Befreit werden. Wer es soweit schafft, muss noch tiefer ins Höhlensystem Fort_apocalypse_1eindringen und weitere acht Gefangene befreien, die in den „Crystalline Caves“ festgehalten werden.

Die Steuerung ist logisch und einfach gehalten. Der Knüppel steuert den Helikopter analog zu den Bewegungen, der Knopf lässt ihn Raketen anfeuern. Ändert der Heli die Flugrichtung, zeigt er in Richtung des Spielers. In dieser Stellung kann er Bomben abwerfen. Beide Waffen werden benötigt, um mit bestimmten Hindernisse und Gegner fertig zu werden.

Der Heli muss regelmäßig betankt werden, allerdings behutsam, da eine ungestüme Landung auf Treibstoffdepots unweigerlich zu einer Explosion führt. Munition hat er dagegen in unbegrenzten Mengen an Bord. Wer fragt bei Actionspielen schon nach der Logik… Gegnerische Helikopter können durch geschickte Manöver in die Schusslinie ihrer eigenen Verbündeten gelockt werden.

Einige Parameter sind in einem Menü veränderbar, wodurch sich der Charakter (und der Schwierigkeitsgrad) des Spiels stark variieren lässt, etwa durch die dreistufig veränderbare Schwerkraft, die das Manövrieren mit dem Helikopter deutlich erschwert.

Neben einer Punkte- und Treibstoffanzeige bietet das HUD von Fort Apocalypse eine Besonderheit: das Navatron. Diese Navigationshilfe gibt einen ÜbFort_apocalypse_2erblick über das Höhensystem und zeigt per Radar sogar Gegner an, bevor sie in Reichweite sind. Das ist für ein Spiel dieses Alters eine erstaunliche Idee, die auch solide umgesetzt wurde.

Im Höhlensystem gibt es immer wieder Landeplattformen, an denen man nach dem Verlust eines Lebens, sofern man den Heli zuvor dort abgesetzt hat, wieder ins Spiel befördert wird. So muss man nicht jedes Mal von vorne beginnen. Mit hoher Schwerkraft benötigt Fort Apocalypse sehr viel Konzentration, aber auch im einfacheren Modus muss der Joystick ständig bewegt werden, da der Helikopter sonst sinkt und auf dem Boden aufschlägt.

Grafisch und musikalisch wird natürlich nichts geboten, was mit späteren Meisterwerken der C64-Programmierkunst mithalten könnte. Das Spiel war aber eines der ersten Programme, die erahnen ließen, was auf dem C64 alles möglich ist. Das technisch avanciertere und bis heute beliebte H.E.R.O. ist ein direkter Abkömmling. Mich erfüllt er immer  mit Ehrfurcht, ein C64-Programm aus dem Jahr 1982 zu starten, und das gilt für keines mehr als für Fort Apocalypse.

 

 

 

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C64-Oldie 01: Dino Eggs (Micro Fun, 1983)

Dino Eggs ist ein erstaunliches Spiel, das C64-Fans zwar nicht gänzlich unbekannt ist, aber selten gebührend gewürdigt wurde. Es erschien bereits im Jahr 1983, zählt also zu den ganz frühen Veröffentlichungen für den Commodore 64.

Der Platformer Dino Eggs Boxwurde zunächst für den Apple II veröffentlicht und danach für C64 und IBM-PC konvertiert. Die Urfassung stammt von David Schroeder, die C64-Umsetzung erledigte Leonard Bertoni, der für eine Handvoll weiterer C64-Spiele verantwortlich zeichnet. Als Publisher fungierte die eher obskure Firma Micro Fun, die mit „The Heist“ und „Death in the Carribean“ (beide 1984) lediglich zwei weitere C64-Titel veröffentlichte.

Dino Eggs passt vollständig in den Speicher des C64, nachgeladen muss also nicht werden. Das Geschehen spielt sich auf einem einzigen Bildschirm auf vier mit Leitern verbundenen Ebenen ab, was aber angesichts des abwechslungsreichen Verlaufs nicht weiter stört.

Im Spiel wird der Zeitreisende „Time Master Tim“ gesteuert, der Sauriereier einsammeln und ins 21. Jahrhundert transportieren muss. Dabei gilt es, mehreren Gefahren auszuweichen. Die Widersacher sind Schlangen, später auch schnellere Spinnen und fliegende Insekten, die Tim bei direktem Kontakt einer „Devolution“ unterwerfen, wodurch er sich in prähistorisches Getier verwandelt. DieLevel 2 furchterregendste Gegnerin ist aber die Dino-Mama, die ihren Nachwuchs schützen will und deshalb versucht, Time Master Tim mit ihren gigantischen Füßen in den Boden zu stampfen. Dabei senkt sich, während der Rest des Sauriers unsichtbar bleibt, der Stampfer von oben über den ganzen Bildschirm, was beeindruckend aussieht und das Spieler-Sprite zu einer schnellen Flucht veranlassen sollte – die übrigens auch über die Bildschirmränder erfolgen kann – läuft Tim links aus dem Bildschirm, kommt er rechts auf der selben Ebene wieder zum Vorschein.

Dino-Mama fürchtet aber Rauch und Flammen, weshalb Tim immer darauf achten muss, erst Holzscheite übereinander zu stapeln und ein Feuer zu entfachen. Selbst wenn der bedrohliche Fuß bereits über Tim schwebt, wird ihn der Saurier sofort zurückziehen, sobald das Feuer brennt. Erst danach kann mit dem Einsammeln der Eier begonnen werden. Ein Feuer brennt nur für begrenzte Zeit, kann aber durch das Nachlegen von Holzscheiten bzw. durch das Überspringen des Feuers mit einem Scheit in der Hand „verlängert“ werden. Die verbleibende Brenndauer wird durch eine Zahl zwischen 1 und 9 angezeigt, die auch beeinflusst, auf welche Weise Tim und andere Kreaturen auf das Feuer reagieren (nur sie Stufen 1 und 9 erlauben es etwa, durch das Feuer zu laufen, ohne Tim zu verbrennen) bzw. mit welchen Techniken die Brenndauer verlängeTime Warprt werden kann. Mittels Steinen kann ein Feuer auch gelöscht werden. Die Steine können aber sinnvoller eingesetzt werden, um sich lästiger Widersacher zu entledigen. Fortgeschrittene Spieler können sich übrigens auch ohne das schützende Feuer dem Einsammeln der Eier widmen.

Brennt ein Feuer, kommt es immer wieder vor, dass durch die Wärme Babysaurier schlüpfen. Diese müssen geschützt werden, indem neben ihnen ein Kraftfeld errichtet wird. Mit einem Sprung über dieses Kraftfeld werden kleine Saurier in Sicherheit gebracht. Damit sollte man nicht lange warten, da für sie eine Begegnung mit den urzeitlichen Räubern ebenso tödlich ist wie direkter Kontakt mit Feuer oder Tim selbst.

Die neun Levels des Spiels können auch beendet werden, ohne ein einziges Ei gesammelt zu haben, was allerdings auf Kosten des Punktekontos geht. Im letzten Level wird der Schwierigkeitsgrad erhöht, indem zwei Feuer nötig werden, um Dino-Mama fernzuhalten, und das bei stark verringerten Holzvorräten am Bildschirm. Wird die Stufe dennoch abgeschlossen, startet sie immer wieder von neuem.

Während Musik fehlt und die Geräuschkulisse in jeder Hinsicht sehr einfach gehalten ist, bietet das Spiel in Anbetracht des frühen Erscheinungsjahres grafisch einiges: Die Sprites sind nett gezeichnet, der riesige Saurierfuß ist ein großartige Überraschung undDevolution der schmale obere Bildschirmrand wird für eine atmosphärische Landschaftsdarstellung genutzt, die sich im Laufe des Spiels verändert. Die Steuerung ist vorbildlich, bedenkt man, wie viele unterschiedliche Aktionen lediglich mit Steuerknüppel und einem Feuerknopf ausgeführt werden können. Eine taktische Feinheit besteht etwa darin, beim Herunterklettern von Leitern den Feuerknopf zu drücken, wodurch sich Tim fallen lässt und somit schneller bewegt.

Obwohl sich Dino Eggs auf nur einem Bildschirm abspielt, sorgen die vielen verschiedenen Spielelemente für genügend Abwechslung. Der Schwierigkeitsgrad steigt an, ohne für Frustration zu sorgen. Die Steuerung ist intuitiv, das Spiel schnell zu erlernen. 1983 war es in jeder Hinsicht auf der Höhe der Zeit. Es gehört zu jenen Spielen, die wiederSmashedzuentdecken sich nach über 30 Jahren lohnt. David Schroeder arbeitet übrigens an einem Remake für Windows.

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