Review: Gold Quest VI – Im Bann der sieben Drachen (C64)
Der vor Kurzem erschienene sechste Teil der Gold-Quest-Reihe für den Commodore 64 ist eine echte Überraschung: Statt eines weiteren SEUCK-Spiels erwartet uns ein waschechter Dungeon Crawler.
von Georg Fuchs
Gold Quest ist eine Reihe von Action-Adventures für den C64, die allesamt mit dem berühmt-berüchtigten Shoot’em Up Construction Kit, kurz SEUCK, erstellt wurden. Die Veröffentlichung erfolgte in den Jahren von 2005 bis 2013. Hinter den Spielen steht ein Team rund um Thorsten Schreck alias Sledgie, der auch als Betreiber des C64-Wiki bekannt ist. Beinahe ein Jahrzehnt nach dem letzten Teil wurde die Serie wiederbelebt. Der 2022 erschienene sechste Teil Gold Quest VI – Im Bann der sieben Drachen kann als echte Überraschung betrachtet werden: Statt eines weiteren SEUCK-Spiels erwartet uns ein echter 3D-Dungeon Crawler in feinster PETSCII-Optik.
Die Veröffentlichung erfolgte am 11. März 2022 auf Digital Talk #111. Auf der Coverdisk von Zzap!64 erschien am 2. April eine leicht erweiterte Version (1.1). Zuletzt wurde eine Extended Version (1.2) nachgelegt, die nicht nur neue NPCs enthält, sondern auch einen leichteren Einstieg verspricht und zwölf äußerst vielversprechende Spezialaufträge enthält. Das Spiel ist komplett mit dem Joystick spielbar.
Parental Advisory
Die Extended Version gibt es in toller Aufmachung in Wallet-Hülle mit schön gestaltetem, wirklich hilfreichem Handbuch, einer Tabelle für Zaubersprüche und zwei Disketten: eine im Standard-1541-Format und eine 3,5“-Disk für Besitzer eines 1581-Laufwerks. Stolz listet die Verpackung die Inhalte des Spiels in Form eines Warnhinweises auf: „Violence, Drugs, Fear, Gambling, Bad Language“. Wer kann da noch widerstehen?
Die Idee für das Spiel stammt von Sledgie, außer ihm waren an der Umsetzung des in deutscher und englischer Sprache vorliegenden Spiels RetroLynx, Daimansion, 1570, Telespielator und Jammet beteiligt, die Musik steuerte Richard Bayliss bei. Weitere Aktive waren alke01, Shmendric und CaptFuture1975, der die Modulversion erstellt hat.
Küss die Hand, Herr Kerkermeister!
Gold Quest VI führt den Spieler in der Gestalt eines Zwerges mit einem bis unter den Bauchnabel reichenden Bart tief in ein Bergwerk, um den legendären Zwergenhelden Sledgie aus den Klauen von Orks zu befreien, die ihn gefangen genommen haben. Dieser wollte das Bergwerk für das Zwergenvolk zurückerobern, nachdem sich dort Scharen von vielen freundlichen, meist allerdings noch mehr feindseligen bis tödlichen Kreaturen häuslich eingerichtet haben. All den Gnomen, Kobolden, Wichteln, Feen, Orks, Trollen, Zombies und Drachen begegnen wir auf unserem Weg in die immer tieferen Bereiche des Bergwerks – so steht es im Handbuch geschrieben, somit kennen wir unseren Auftrag. Um das Spiel erfolgreich abzuschließen, muss der gefürchtete Orkschamane Fulgore besiegt werden, um den Fluch aufzuheben, der Sledgie im Bergwerk festhält. Wer weniger ambitioniert ist, kann einfach um einen Platz in der Highscore-Tabelle spielen.
Neben den vielen Charakteren gibt es jede Menge wichtige Gegenstände wie Gold (darum dreht sich alles), Geröll und Lava, Teleporter, Fallen, eine Vielzahl von alkoholischen Getränken unterschiedlicher Qualität und viele weitere Objekte, die zur Erfüllung der Spezialaufträge (Missionen) unverzichtbar sind. Selbstverständlich gibt es im Bergwerk jede Menge Tavernen, in denen man sich stärken, unterhalten und Aufträge annehmen kann.
All das wurde in waschechtem (kompilierten) BASIC V2 umgesetzt, bei der Grafik handelt es sich, vom Titelbild abgesehen, größtenteils um PETSCII-Zeichensatzgrafik, die absolut gekonnt in Szene gesetzt wurde. Da das Spiel ohne Nachladen auskommt, ist der Spielverlauf flüssig. Der Bildschirm ist übersichtlich gestaltet und zeigt neben dem Bergwerk in „3D“-Ansicht die Karte, die anfangs leer ist, aber im Zuge der Erkundung der jeweiligen Ebene automatisch mitgezeichnet wird, einen Kompass, den Status und weitere Informationen.
Je tiefer man ins Bergwerk vordringt, desto größer werden die zu erkundenden Bereiche und desto mehr Gegner tummeln sich in der Dunkelheit. Allerdings gibt es auch mehr Gegenstände und Gold zu entdecken.
Zu Trainingszwecken und als Testmodus kann Zwerg „Schummlor“ ins Rennen geschickt werden, der von Anfang an richtig stark gemacht werden kann, dafür aber von der (speicherbaren) Highscore-Tabelle ausgeschlossen bleibt. Im regulären Spiel erstellt man zu Beginn einen Zwerg, für den außer einem Namen vier Parameter festzulegen sind: Promille-Startwert (je höher der Grundpegel, desto wilder kämpft der Zwerg), Gold (zum Einkauf von Waffen und Gegenständen, aber auch als Einsatz beim Glücksspiel), Startwaffe und ein Gegenstand im Rucksack (der höchstens vier Objekte bzw. Getränke fasst).
Unerwartete Todesursache
Mein erstes Game Over ereilt mich nicht im Kampf gegen Orks oder Trolle, sondern nach dem Genuss eines starken alkoholischen Getränks, das meinen Pegel auf über 3,5 Promille ansteigen lässt, wodurch unmittelbar der Tod eintritt. Dabei muss bloß der Promillewert des Getränks zum aktuellen Wert addiert werden – ein Anfängerfehler!
Im zweiten Anlauf kaufe ich zunächst ein Nunchaku, das ich mit dem von einer Fee geschenkten Gold bezahle. Ein Kobold fordert mich gleich darauf zu einem Würfelduell, bei dem ich ein Goldstück verliere. Als ich beim nächsten Kobold nicht mitspielen möchte, bekomme ich zum Dank eine übergezogen und verliere fünf Lebenspunkte. Ein kleines Stück weiter greife ich einen Ork an und gewinne den Kampf. Das bringt auch ein bisschen Gold ein. Um die Ecke lauert ein Troll. Ich überlege zu fliehen, greife dann aber doch an und verliere ziemlich viele Lebenspunkte. Hoffentlich finde ich bald eine gute Fee oder eine Taverne, um meine Reserven aufzufüllen. Die Ebene überlebe ich mit ausreichend Gold, um mich im Wirtshaus satt zu essen und meine Energie dadurch wieder auf 81 % aufzufüllen. In Ebene 4 stoße ich zuerst auf einen Drachen, auf der Flucht verliere ich einen Teil meines Goldes und laufe dann einer bösen Fee in die Arme, die mir eine Menge Lebensenergie absaugt. Als ich dann noch auf einen Trollwächter stoße, trinke ich ein Bier, um ihn müde zu machen. Dabei übersehe ich schon wieder, dass ich damit eine letale Alkoholvergiftung erleide, und beende mein Testspiel im Rang eines Steinmetzes.
Das Testspiel hat sich als äußerst unterhaltsam erwiesen und Lust auf weitere Versuche gemacht. Es ist erstaunlich, wie gut das Spiel technisch umgesetzt ist, und wie viel Spaß es macht, die Dungeons zu erkunden. Das liegt auch am eigenwilligen Humor und den vielen kleinen Details, die alle in den Speicher gepasst haben.
Gold Quest VI ist ein tolles Spiel mit ausgewogenem Schwierigkeitsgrad, das einen frustfreien Einstieg ermöglicht, aber bald herausfordernd wird. Mit den zahlreichen, liebevoll gestalteten PETSCII-Charakteren bietet es optisch viel mehr, als man von einem BASIC-Spiel erwarten würde.
Links:
Von der luxuriösen Extended Version in der Wallet-Hülle hat uns die gute Fee aus Ebene 1 (andere behaupten, es sei Alexander Keller aus dem Zwergenteam gewesen) freundlicherweise zwei Exemplare zum Verlosen zur Verfügung gestellt. Wer gewinnen möchte, schreibt einfach bis 1. Dezember 2022 eine Nachricht mit einem Betreff, der in etwa „Gold Quest VI gewinnen“ lauten könnte, an commodore AT aon.at .
Links / Download Gold Quest VI